“Durch die Notasensorik erlebt das Sound Branding eine völlig neue Dimension.”

Ein Interview mit John Groves, Managing Director von GROVES Sound Communications, geführt von Karsten Klepper, Inhaber der KLEPPER-MARKENBERATUNG und Managing Partner des Institutes Corporate Senses, am 27.November 2009.

K. Klepper: Herr Groves, durch eine Ihrer bekanntesten Melodien werden Sie häufig als Mr.’Bacardi-Feeling’ bezeichnet. Warum brauchen Marken denn überhaupt ein Soundlogo?

John Groves: Gerade in den Zeiten von Reizüberflutung und wachsender Abstumpfung der Konsu-menten ist es schwierig, überhaupt noch zu der Zielgruppe durchzudringen. Ziel ist es deshalb, das Gehör als Wahrnehmungskanal zu nutzen. Die Marke soll über das Gehör auditiv inszeniert werden. Sound branding schafft Identifikation, unterstützt die Differenzierbarkeit von Marken und lädt sie emotional auf. Jedes Unternehmen bekommt so seinen unverwechselbaren Klang – siehe Bacardi – und hat damit eine starke Orientierungsfunktion für die Zielgruppe. Denn das Ohr kauft mit. Wenn sich eine Melodie oder ein Soundlogo beim Konsumenten erst einmal tief ins Unterbewusstsein eingegraben haben, ist es bis zum Griff ins Regal nicht mehr weit.

K. Klepper: Bereits über 40% nutzen die Macht der Töne für den Aufbau und die Festigung ihres Markenimages. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

John Groves: Marketing, ein Bereich, der traditionell immer sehr augendominiert war, entdeckt zunehmend die Möglichkeit, systematisch weitere menschliche Sinne zu nutzen. Bei vielen Medien ist der Einsatz von akustischen Reizen ohnehin schon der Fall. Denken Sie an die audiovisuelle Kommunikation über TV, Kino oder Internet. Letztendlich ist das Thema Sound Branding eine logische Weiterentwicklung mit dem Ziel einer einheitlichen akustischen Markenwahrnehmung. Und Studien belegen es: durch eine stringente angewandte Sound Identity wird eine Marke medien-
übergreifend immer einheitlich wahrgenommen und kann sich so tiefer im Bewusstsein der Kunden verankern.

K.Klepper: Nennen Sie uns kurz ein Beispiel für eine erfolgreiches Sound Banding?

John Groves: Der akustische Markenbestandteil verankert sich in den Köpfen der Kunden und verleiht der Marke ein unverwechselbares Image. Gezeigt hat dies nicht nur unser Bacardi-Song, auch das akustische Logo der Telekom, das am häufigsten als Beweis für die Erfolgswirkung der akustischen Identität angeführt wird. Dementsprechend erinnern sich auch die meisten der Befragten spontan an das akustische Logo des Telefonanbieters, gefolgt von dem typischen Herzschlag von Audi, der Tonfolge von Intel oder dem Ambossschlag des BMW Logos.

K. Klepper: Aber der Markt ist schwach, die Unternehmen vorsichtig. Wie schätzen Sie die Chancen eines Sound Brandings als Teil der Markenführung für Unternehmen heute und in Zukunft?

John Groves: Gerade in Zeiten der Konsumflaute ist ein unverwechselbarer Markenauftritt für Un-ternehmen wichtig. Und Sound Branding als Teil einer multisensorischen Markenführung gewinnt hier sicher immer weiter an Bedeutung. Denn der Wiedererkennungswert der Marke kann so um ein Vielfaches gesteigert werden und erhöht damit natürlich die Kaufwahrscheinlichkeit. Das ist elemen-
tar für die Markenhersteller, die sich häufig in unter großem Wettbewerbsdruck befinden. Durch Sound Branding sind die Marken in der Lage, ihre Einzigartigkeit und Prägnanz in Abgrenzung zur Konkurrenz zu unterstützen.

K. Klepper: Stichwort Sensory Branding: Ist das für Sie als Sound Designer ein Thema?

John Groves: Natürlich. Sound Branding ist ja keine isolierte Disziplin, sondern ein Bestandteil der multisensorischen Markenführung. Denken Sie z.B. an einen Kinospot. In dem müssen natürlich auditive und visuelle Reize aufeinander abgestimmt sein. Das große Stichwort hierzu ist – wie Sie schon sagten – sensory branding, also die Ansprache der Konsumenten auf mehreren Sinnes-
ebenen.

K. Klepper: Welche Fehler beobachten Sie in Unternehmen bei dem Einsatz von Sound Branding?

John Groves: Während bei Bildwelten, dem Logo und der Typo akribisch auf einen einheitlichen Auftritt geachtet wird, behandeln viele Unternehmen den akustischen Teil der Marketingkommunika-
tion dagegen oft von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Mich versetzt es regelmäßig in Stauen, wenn ich entdecke, wie viele Entscheidungen ohne ein Abwägen der Möglichkeiten und eine genaue Analyse der Anforderungen getroffen werden. So entstehen verschiedene Soundelemente für Fernsehspot, Messeauftritt oder auch Telefonwarteschleifen, die manchmal sogar gegeneinander arbeiten. Diese sind häufig weder auf die Markenidentität noch auf die Grundstrategie abgestimmt und zahlen nicht auf die Marke ein.

K. Klepper: Herr Groves, Ihr Unternehmen GROVES zählt zu den TOP FIVE in der Sound Branding Branche. Welche Erfolgsfaktoren würden Sie hierfür benennen

John Groves: Ich denke, dass hier unser strategisches Vorgehen ausschlaggebend ist. Der Sound einer Marke ist viel zu wichtig, um ihn dem Zufall zu überlassen. Marken brauchen Strategien. Und damit erfordert auch eine akustische Markenführung ein System, das analytisch ausgerichtet ist und Erfahrungswerte sowie Fakten berücksichtigt. Unsere Sound-Branding-Module und –Tools bieten ein solches – logisches und messbares – System und definieren eine klare Vorgehensweise. Die kreative Arbeit wird dann durch eindeutige Parameter und nicht nur durch subjektives Gefallen oder Nicht-
gefallen bewertet. Unsere Aufgabe ist es, die Klangwelt auf die Marke abzustimmen. Markenklang und damit der Einsatz von jeder Musik müssen aus der geschmäcklerischen und kurzfristigen Betrachtung herausgeführt und auf ein solides markenstrategisches Fundament gestellt werden.

K. Klepper: Sie sprechen von strategischem Vorgehen: Wie sieht es konkret aus, wenn Unternehmen ihr Sound Branding auf die Marke abstimmen möchten?

John Groves: Am Anfang unserer Arbeit steht immer erst einmal die Analyse der Marke, um die es geht. Ich muss erst wissen, welche Idee und Botschaft die Marke senden und vermitteln möchte, um diese dann akustisch umsetzen zu können. Die Lösung liegt dann in einer integrierten, ganzheit-lichen und stringenten Umsetzung des Markenkerns in den akustischen Bereich. Hier arbeiten wir mit dem Prozess der Notasensorik. Die Notasensorik leitet für jede Sinne, also auch für den akustischen Sinn, Bewertungsmaßstäbe aus den Kernwerten einer Marke ab. Ein Beispiel: Firmen, die mehr Wert legen auf ihr High-Tech-Image, setzen eher auf elektronische Instrumente und künstliche Schlagzeug-
sounds. Soll dazu, wie am Beispiel Audi gut erkennbar, noch der Markenwert ‚Tradition’ dargestellt werden, kommen zum modernen Schlagzeugsound auch klassische Elemente von Streichern, Klavier und Bläsern dazu.

K. Klepper: Womit wir bei der Notasensorik wären: Sound Branding als ein Bestandteil der multisensorischen Markenführung?

John Groves: Natürlich ist Sound Branding ein Bestandteil der multisensorischen Markenführung. Darauf setzt ja die Notasensorik auf. Was nützen Insellösungen ohne ganzheitlichen oder direkten Bezug zum Wesen der Marke. Nicht nur für Sound Branding. Das gilt auch für die anderen Branding-Diziplinen im visuellen, haptischen, gustatorischen oder olfaktorischen Bereich. Für all diese Sinne gibt die Notasensorik eine eindeutige Ableitung und Übersetzung eines Markenwertes durch spezielle sensorische Kodierung. Als strategisches, wissenschaftliches Fundament sozusagen. Mit Hilfe der Notasensorik weiß ich als Sound Designer, wie Tradition klingt. Oder Fortschritt. Der Markenwert soll ganzheitlich, schlüssig und authentisch erlebbar sein. Nicht nur akustisch, sonst wären wir wieder bei einer Insellösung. Das Ganze natürlich noch umgesetzt auf die anderen Sinne. Das ergibt dann den weiterentwickelten – weil integrierten – Ansatz der Notasensorik. Die auch uns als Sound Designer in eine neue Dimension des professionellen Arbeitens gebracht hat.